Zu Corona noch als Helden gefeiert und inzwischen fast vergessen. Schon fast drei Monate lang streiken die Beschäftigten aller sechs nordrhein-westfälischen Unikliniken, so einen langen und großen Streik dieser Berufsgruppe gab es noch nie in Deutschland, aber die Öffentlichkeit hört so gut wie nichts von diesem historisch langen Streik. In Köln, Bonn, Essen, Münster, Aachen und Düsseldorf streikten verschiedene Berufsgruppen, nicht nur Pflegekräfte, sondern etwa auch Personal aus den Laboren, dem Krankentransport und den Betriebskindergärten. Insgesamt ging es in den Verhandlungen um rund 25.000 Beschäftigte.


Der Streik begann Anfang Mai, nachdem ein 100-tägiges Ultimatum der Gewerkschaft Verdi an die Landesregierung abgelaufen ist. Gefordert wurde ein Entlastungsvertrag, wie ihn Beschäftigte in Berlin im vorherigen Jahr erstreikt haben. Dabei ging es nicht nur um mehr Geld, sondern vor allem um bessere Arbeitsbedingungen. Feste Personaluntergrenzen für Arbeitsschichten und ein Freizeitausgleich, wenn sie trotzdem unterbesetzt arbeiten müssen, werden gefördert. Um diesen Punkt wurde besonders lange verhandelt und am 19. Juli 2022 gab es endlich eine Einigung. Für einige der streikenden Berufsgruppen soll es einen freien Tag geben, für sieben Belastungspunkte. 


Rückblickend sind sich viele Klinikbeschäftigte einig, dass sie die Arbeitsbedingungen seit 2003 verschlechtert haben, nachdem die „Diagnosis Related Groups“ eingeführt wurden. Dabei erhalten Krankenhäuser Pauschalen für Patienten*innen und deren Diagnosen, was dazu führt, dass es sich finanziell mehr lohnt sie schnell zu entlassen, statt sich intensiv um sie zu kümmern.

 

Der vereinbarte Tarifvertrag ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung für Berufsgruppen, die nicht genug Geld, Unterstützung und Respekt erhalten. Aber um die existierenden Probleme langfristig zu lösen, werden tiefgreifende Reformen im deutschen Gesundheitswesen notwendig sein. 

 

 

Quelle: Der Freitag, 2022, lesen Sie den Artikel hier